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Archetypen – kollektive Urbilder der Seele
Archetypen sind keine Erfindung der Neuzeit. Schon der Schweizer Psychologe C. G. Jung beschrieb sie als kollektive Urbilder, die tief in unserem Unterbewusstsein verankert sind. Sie tauchen in Träumen, Mythen, Märchen und auch in modernen Rollenbildern auf. Archetypen helfen uns, uns selbst besser zu verstehen – weil sie Erfahrungen und Haltungen ausdrücken, die allen Menschen vertraut sind, unabhängig von Kultur oder Epoche.
Wenn wir über weibliche Archetypen sprechen, begegnen uns sehr unterschiedliche Modelle: mal sind es 7, 9 13 oder noch mehr Archetypen, mal Business-Archetypen oder Storytelling-Archetypen. So verschieden die Systeme auch erscheinen, eines wird deutlich: Weisheit spielt in jedem Archetypen-Modell eine entscheidende Rolle.

Der Archetyp des Weisen – männlich geprägt, weiblich lebbar
Jung selbst sprach vom „weisen Alten“ – einem eher maskulin geprägten Bild, rational und gelehrt. Doch Weisheit lässt sich nicht auf ein Geschlecht reduzieren. Und auch der Archetyp der weisen Frau ist so alt, wie unsere Kulturgeschichte. Jeder Mensch kennt in sich Momente, in denen sie oder er zur weisen Ratgeberin / zum weisen Ratgeber wird – ob für die eigenen Kinder, den Freundeskreis oder in beruflichen Zusammenhängen.
Weisheit bedeutet hier nicht, alles zu wissen. Vielmehr ist es eine innere Haltung: die Fähigkeit, Erfahrungen zu verknüpfen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und das Leben aus einer größeren Perspektive zu betrachten.
Göttinnen und mythische Figuren der Weisheit
In vielen Kulturen finden wir Gestalten, die Weisheit verkörpern:
- Athene in der griechischen Mythologie, Göttin der Strategie und Klarheit.
- Sarasvati im indischen Pantheon, Hüterin von Wissen, Sprache und Kunst.
- Minerva in Rom, oft mit Eule dargestellt – Sinnbild der Weitsicht.
- Mimir in der nordischen Edda, der am Brunnen der Weisheit wacht.
Auch Märchen kennen diese Archetypen: die alte Frau am Brunnen, Frau Holle oder die Gänsehirtin – alles Gestalten, die nicht nur Geschichten erzählen, sondern symbolische Zugänge zur Weisheit im Alltag bieten.

Weisheit ist mehr als Wissen
Wissen kann man sammeln. Weisheit wächst aus Erfahrung, Reflexion und innerem Reifen.
- Wissen fragt: Was ist richtig?
- Weisheit fragt: Was ist wesentlich?
Weisheit ist verbunden mit Intuition und innerem Spüren. Sie zeigt sich im Schweigen ebenso wie im klaren Wort, im bewussten Handeln ebenso wie im Loslassen. Deshalb finden wir Weisheit nicht nur im Archetyp des Weisen Alten, sondern in vielen Rollen: in der Mutter, die spürt, wann es Zeit ist, ihr Kind loszulassen. In der Frau, die nach einer Krise ihre Lebensfreude neu entdeckt. Im Menschen, der erkennt, wann Vergebung Frieden bringt.
Weibliche Archetypen als Weg zur eigenen Mitte
Archetypen sind Spiegel. Wenn wir uns mit ihnen beschäftigen, erkennen wir oft Seiten an uns, die wir verdrängt oder vergessen haben. Die „weise Frau“ ist dabei ein Archetyp, der viele Frauen besonders berührt – weil er für Reife, innere Ruhe und Unabhängigkeit steht.
Für Frauen in der zweiten Lebenshälfte kann das bedeuten:
- Erinnern: Was habe ich gelernt? Welche Erfahrungen tragen mich?
- Wandeln: Wo darf Altes losgelassen werden?
- Vertrauen: Welche Stimme in mir weiß den nächsten Schritt?
- Wirken: Wie gebe ich meine Erkenntnisse weiter – in Familie, Beruf oder Gemeinschaft?
Die Beschäftigung mit Archetypen eröffnet so nicht nur einen Blick in Mythen und Geschichten, sondern auch einen sehr persönlichen Weg nach innen.

Weisheit als gemeinsame Essenz
Ob wir vom weisen Mann, der weisen Frau, vom weisen Kind oder von der Göttin sprechen – Weisheit bleibt immer ein verbindendes Element. Sie ist nicht exklusiv einem Geschlecht, einer Religion oder einer Kultur vorbehalten.
Weisheit ist ein universelles Muster, das uns daran erinnert:
- Wir sind Teil eines größeren Ganzen.
- Wir können uns an Erfahrungen vieler Generationen anschließen.
- Wir tragen selbst die Möglichkeit in uns, klarer, friedvoller und tiefer zu leben.
Die Brücke zu Alma-Avia
Bei Alma-Avia verstehen wir Weisheit nicht als theoretisches Konzept, sondern als lebendige Kraft. Sie zeigt sich im Erinnern an unsere innere Mitte, in der Verbindung zu alten Bildern und im mutigen Schritt ins Neue.
Deshalb nutzen wir Archetypen nicht als starre Modelle, sondern als Impulse:
- um Frauen an ihre innere Stärke zu erinnern,
- um Wandlungsprozesse zu begleiten,
- um den Blick zu öffnen für das, was jenseits von Rollen und Erwartungen liegt.
Die „Weise Frau“ ist dabei kein fernes Ideal, sondern eine Ressource, die in jeder von uns wohnt. Archetypen geben uns die Sprache, Weisheit gibt uns die Tiefe. Zusammen bilden sie einen Weg, auf dem wir uns selbst begegnen – echt, unabhängig und verbunden mit etwas Größerem.
Fazit
Archetypen sind wie Spiegel der Seele. Weisheit ist das Licht, das in allen Spiegeln sichtbar wird.
Wenn wir uns mit den Urbildern beschäftigen – ob in Mythen, Märchen oder in unserer persönlichen Biografie – dann erkennen wir: Weisheit ist nicht etwas, das wir erst erwerben müssen. Sie ist bereits da. Es braucht nur unsere Bereitschaft, sie zu erinnern und ihr Raum zu geben.
